Im Dow-Werk Böhlen entsteht eine innovative Aufbereitungsanlage für Regenwasser, die mit wenig Energie und ohne Chemikalien auskommt – ein wichtiges Projekt, um langfristig die knappen Wasserressourcen am Industriestandort zu schonen.

Wenn in ein paar Jahren Besucher in der Nähe des Wasserwerkes nördlich der Produktionsanlagen unterwegs sind, werden sie es nicht übersehen können: eine Fläche mit Schilf, das sich sanft im Wind wiegt. Für den Betrachter einfach nur ein schöner Anblick – für Christian Kaiser als Experte für Wasser- und Abwassertechnologien bei Dow ein Meilenstein für den Industriestandort. Denn unter dem Schilf wird sich ein Retentionsbodenfilter, kurz RBF, verbergen, der Regenwasser mit naturnahen Verfahren aufbereitet.

 

So sieht die natürliche Filteranlage aus (Abbildung: Dow)

So sieht die natürliche Filteranlage aus (Abbildung: Dow)

 

„Im Grunde bauen wir gerade eine Art Schilf-Wasser-Kläranlage, die anders als eine normale Kläranlage ganz ohne Chemie auskommt“, erklärt Christian Kaiser. Konkret fließt Regenwasser durch Becken mit einem natürlichen Gefälle. Dort adsorbieren Sandschichten unter dem Schilf organische Substanzen und nicht abbaubare Stoffe wie zum Beispiel Schwermetalle. Das Schilf soll dabei die Filterschicht vor Verschlammung schützen und für eine natürliche Belüftung sorgen. Somit lassen sich die organischen Substanzen biochemisch wieder abbauen.

800.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr zusätzlich

Was auf den ersten Blick wie eine hübsche Öko-Idee klingt, hat es zahlenmäßig ganz schön in sich. „Damit werden wir eine zusätzliche Wasserquelle bekommen und zukünftig unseren Bedarf aus anderen Quellen um bis zu 800.000 Kubikmeter pro Jahr reduzieren“, fasst Projektmanager Dirk Geinitz zusammen. Das Projekt mit dem knackigen Namen „Rain2FreshH2O“ sorgt dafür, dass weniger Wasser aus den umliegenden Flüssen und dem Speicherbecken Witznitz entnommen werden muss – ein wichtiger Beitrag, um die ohnehin knappen Wasserressourcen im Leipziger Umland zu schonen.

Bevor die Baumaschinen anrollten, wurden zum Beispiel Eidechsen in ein Ersatzhabitat umgesetzt. (Foto: Elisabeth Krahnstöver)Damit die neue Aufbereitungsanlage bald den Betrieb aufnehmen kann, waren bis Ende 2022 umfangreiche Planung- und Vorbereitungsarbeiten nötig. Zunächst galt es ein komplexes Genehmigungsverfahren zu absolvieren. Um die Rechte der benachbarten Gemeinden zu wahren, arbeitete Dow eng mit diesen zusammen und nahm zum Schutz der Natur verschiedene Waldumwidmungen und Ausgleichspflanzungen vor. Auch der Artenschutz spielte eine zentrale Rolle. Ein Schutzzaun verhindert, dass sich Tiere auf der Baustelle ansiedeln können. Zudem errichteten die Planer außerhalb des Baugebiets ein Ersatzhabitat.

Neue Heimat für Frösche und Eidechsen

Von diesem Ersatzhabitat profitieren vor allem Amphibien wie der Laubfrosch und Reptilien wie die Zauneidechse, die behutsam in ihre neue Heimat umgesiedelt wurden. Von dort aus können sie in den nächsten drei Jahren beobachten, wie Rain2FreshH2O Schritt für Schritt Gestalt annimmt. Danach rollten Bagger an, um das Baufeld vorzubereiten und mit dem eigentlichen Bau der RBF-Anlage loszulegen. Später im Jahr wird dann eine Fachfirma das erste Schilf pflanzen. Während diese hübschen langstieligen Pflanzen bis 2025 beständig vor sich hinwachsen, wird das Team um Dirk Geinitz und Christian Kaiser die Zeit nutzen, um den Betrieb der Anlage zu optimieren. Für Ende 2025 ist schließlich die finale Inbetriebnahme geplant. Ab dann heißt es: Regenwasser marsch und Schilf an die Arbeit!


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